Toxische Beziehungen sind Beziehungen, in denen nach allgemeiner klinischer Erfahrung regelmäßig zumindest ein Partner eine Persönlichkeitsstörung aufweist. Oft weisen jedoch auch beide Partner Persönlichkeitsstörungen auf.
Zu den für toxische Beziehungen besonders relevanten Persönlichkeitsstörungen gehören insbesondere die folgenden Persönlichkeitsstörungen (welche weitgehend den Cluster B Persönlichkeitsstörungen nach DSM-V, sh. unter Persönlichkeitsstörungen entsprechen):
Ebenfalls von besonderer Relevanz für toxische Beziehungen sind aber auch Personen, welche dem psychopathischen Formenkreis zuzurechnen sind.
Psychopathie: Prävalenz von 1% in der Allgemeinbevölkerung (dh. 1 Person von 100 ist ein Psychopath)
Der erste Schritt aus klinisch-psychologischer Sicht ist die grundlegende Kenntnis der Merkmale jener vier (/fünf inkl. Psychopathie) Persönlichkeitsausprägungen, welche sich am häufigsten in toxischen Beziehungskonstellationen vorfinden und wie sich Personen mit diesen Störungen im zwischenmenschlichen Kontakt erkennen lassen. Hierzu kann man einschlägige Diagnosemanuale, aber auch wissenschaftliche Forschungsergebnisse sowie klinische Erfahrungselemente heranziehen.
Gesunde Beziehungen sind vereinfacht gesagt wechselseitige (reziproke) Energieaustauschsysteme, in denen jeder Partner zumindest mittel- und langfristig so viel vom anderen Partner zurückbekommt wie er in die Beziehung („emotional“ bzw. durch verschiedene Handlungen) eingezahlt hat. Kurzfristige Abweichungen im Austauschverhältnis schaden der Beziehung nicht!
Toxische Beziehungen hingegen sind Beziehungen in denen sich immer der Partner mit Persönlichkeitsstörung mittel- und langfristig durch manipulative (=verdeckte) Strategien „mehr herausnimmt“, als er in die Beziehung „eingezahlt hat“. Dies löst beim gesunden Partner mit der Zeit massive aber (aufgrund des verdeckt-manipulativen Strategieeinsatzes) nur schwer zuordenbare Störgefühle aus (z.B. Stimmungsschwankungen, plötzlich auftretende situationsunangemessene Wutanfälle), denn die Beziehung verursacht mehr Kosten als Nutzen für den gesunden Partner (er bekommt weniger und weniger vom Partner mit Persönlichkeitsstörung zurück).
Im Zeitverlauf begünstigt das immer stärker werdende Ungleichgewicht zwischen den Partnern (bzw. der immer stärker werdende „psychische Energieverlust“ beim gesunden Partner) das Auftreten psychischer Erkrankungen (z.B. Depressionen, Angststörungen, akute Belastungsreaktionen, „Burn-Out“ Symptome) beim vormals gesunden Partner. Paradoxerweise kommt es in toxischen Beziehungen hierdurch aber nur zum Teil zur Einleitung eines Loslösungsprozesses des vormals gesunden Partners vom toxischen Partner.
In der weit überwiegenden Anzahl der Fälle aber kommt es, da der vormals gesunde Partner, die Probleme, die es in der Beziehung gibt tatsächlich nun aufgrund seiner eigenen immer manifester werdenden psychischen Probleme mehr und mehr auf sich selbst zurückzuführen beginnt, zu einer Verstärkung der Beziehungskohäsion und zu einer erhöhten Abhängigkeit des (vormals) gesunden Partners vom teils manipulativ eingesetzten Zuwendungsverhaltens des Partners mit Persönlichkeitsstörung (manche vormals gesunde Personen werden nun in Bezug auf „ihre psychische Energieversorgung“ sprichwörtlich abhängig von der Person, welche ihnen die Energie zuallererst in großen Teilen genommen hat).
Da der persönlichkeitsgestörte Partner aufgrund seines regelmäßig vorhandenen Empathie-Defizits und seiner eigenen Psychopathologie, den anderen Partner oft nicht freigibt, ihn stattdessen z.B. als narzisstisches Energiereservoir („narcissistic supply“) weiter „gebraucht“, verstärkt sich der krankheitswertige Prozess für den vormals gesunden Partner zyklisch im Zeitverlauf. Er gerät mehr und in eine psycho-emotionale Abhängigkeit vom toxischen Partner (ähnlich einer Drogensucht) aus der er sich ohne professionelle Hilfe (und für Betrachter von außen völlig unnachvollziehbar) kaum noch selbst befreien kann.
Unabhängig davon, ob die TP (=toxische Person) in der Beziehung ihre manipulativen Strategien bewusst oder unbewusst einsetzt, so ist das Ergebnis leider aus der klinischen Erfahrung heraus dennoch oft das Gleiche: es kommt zum Entstehen von psychischen Erkrankungen beim vormals noch gesunden Partner und zum Eintritt einer Form der Co-Abhängigkeit (=Unfähigkeit sich aus der toxischen Beziehungsstruktur noch lösen zu können). Toxische Beziehungsstrukturen und die damit einhergehenden sehr komplexen zwischenmenschlichen Interaktionsspiele sind ohne Kenntnis der dahinterliegenden psychologischen Ursachen und Motivsysteme, welche die Personen mit Persönlichkeitsstörung leiten (also quasi „von innen“ aus dem toxischen System selbst heraus) regelmäßig nur schwer zu durchschauen und nur selten gelingt die Loslösung aus dem System heraus ohne externe Unterstützung. Warten Sie deshalb nicht zu lange, um sich Hilfe zu suchen. Gerne unterstütze ich Sie auch selbst im Rahmen des Loslösungsprozesses oder nach dem Erleben traumatischer Beziehungserfahrungen (z.B. Trennung nach Co-Abhängigkeit, Scheidung von einem Narzissten etc.).
Literaturverzeichnis:
Sachse, R. (2018). Wie manipuliere ich meinen Partner- aber richtig (4. Aufl.). Stuttgart: Klett-Cotta
Sachse, R. (2019). Persönlichkeitsstörungen: Leitfaden für eine psychologische Psychotherapie (3. Aufl.). Göttingen: Hogrefe