Die narzisstische Persönlichkeitsstörung ist gekennzeichnet durch ein tiefgreifendes Muster von Großartigkeit (in Fantasie und Verhalten), dem Bedürfnis nach Bewunderung und einer Überempfindlichkeit gegenüber Kritik durch Andere. Menschen mit narzisstischer Persönlichkeit präsentieren sich in der zwischenmenschlichen Begegnung gerne als eine Art „Alpha-Persönlichkeit“ (ähnlich dem Alpha-Tier im Tierreich), das heißt, sie machen andere in übertriebenem (und diese oft vor den Kopf stoßenden) Maße, auf persönliche Leistungen, ihr Vermögen, ihren sozialen Rang und Einfluss aufmerksam oder setzen ihren Mitmenschen Regeln, wie diese sich zu verhalten haben.
Da jedoch diese Art der grandiosen zwischenmenschlichen Selbstrepräsentation oft keine vollständige Abdeckung in der Wirklichkeit findet, kommt es in der Folge zu einem „Feedback Problem“ (Beck et al., 2016) mit anderen Menschen, da diese oft eine realistischere Sichtweise der Realität von den Betroffenen einfordern oder Widerstand gegen „das narzisstische Regel-Setzer-Verhalten“ zeigen. Die Folge sind eskalierende Beziehungsstörungen, die durch die Betroffenen selbst im verzweifelten Bemühen um Aufrechterhaltung ihres grandiosen Selbstbildes, welches als kompensatorisches Schutzschild gegen tiefsitzende Gefühle der eigenen Unzulänglichkeit, Wertlosigkeit und Scham dient, nicht mehr auflösbar scheinen (Fiedler, 2007).
Hinweis: Bitte lesen Sie diesen Abschnitt nur bei besonderem Interesse, ansonsten springen sie gleich zum Unterpunkt „3. Behandlung“.
a.) Diagnostische Kriterien nach DSM-V
Mindestens fünf der folgenden Kriterien müssen erfüllt sein:
b) Weitere in verschiedenen wissenschaftlichen Studien nachgewiesene Eigenschaften, von Personen mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung
Überblick der einzelnen Forschungsergebnisse (mit entsprechenden Nachweisen in Sachse, 2019):
Hoher bis übertriebener Selbstwert, jedoch auch hohe Selbstzweifel und starke Schwankungen des Selbstwerts
Massive Kritikempfindlichkeit
Suche nach Anerkennung
Egozentrik und Dominanzstreben
Emotionalität & Empathie
Stimulationsbedürfnis, keine volle Bindung an Beziehungspartner
Sucht
Die Behandlung von Personen mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung ist selbstverständlich möglich, doch erfordert sie von den Betroffenen, einen der schwierigsten Schritte, der von Personen mit narzisstischen Persönlichkeitsanteilen abverlangt werden kann, nämlich Unterstützung/Hilfe von einer anderen Person zu suchen und diese auch zulassen zu können. Da die narzisstische Persönlichkeitsstörung meist als hochgradig ich-synthon erlebt wird (narzisstischer Störungsanteil wird als sinnvoller Teil des eigenen Ichs angesehen), kommen Betroffene selten primär wegen ihrer narzisstischen Persönlichkeitsaspekte in Behandlung.
Meist sind aber durch den narzisstischen Lebensstil eine Reihe von sekundären Begleit- oder Folgeproblemen entstanden, die für den Narzissten derart hohe zwischenmenschliche- oder persönliche Kosten verursachen, dass er oft geradezu „gezwungen“ wird, sich aufgrund dieser Folgeprobleme seines Narzissmus, in Behandlung zu geben (z.B. Substanzabhängigkeiten, „Workaholism“, Burn-Out, Scheidungen, erhöhte Anzahl beruflicher Konflikte etc.).
Die Behandlung beginnt somit meist am sekundären Folgeproblem und wird nur in Übereinstimmung mit dem Betroffenen auf Bearbeitung der (eigentlich primär für die Folgeprobleme ursächlichen) narzisstischen Persönlichkeitsanteile gestreckt. Wichtig ist hierbei ein gemeinsamer anteiliger Prozess.
Die Behandlung von narzisstischen Persönlichkeitsanteilen erfolgt in meinen Gesundheitspraxen nach wissenschaftlich-evidenzbasierten kognitiv-verhaltenstherapeutischen Techniken. Gemeinsam arbeiten wir daran, negative gedankliche Grundüberzeugungen, welche Sie über sich selbst, andere Menschen und die Welt haben, kognitiv-verhaltenstherapeutisch „umzubauen“, da diese maßgeblich für den Fortbestand der narzisstischen Persönlichkeitsaspekte bei Ihnen sind.
Nach den Umständen des Einzelfalls werden selbstverständlich auch andere wissenschaftlich evidenzbasierte, psychologische Techniken (wie dialektisch-behaviorale, positiv-psychologische, systemische- und hypnotische Techniken) in den Behandlungsplan integriert, um die erzielten Ergebnisse auch langfristig absichern zu können. Entgegen, früherer Ansichten, lassen sich gute Erfolge auch in diesem Bereich nicht erst nach Jahren, sondern bereits mittelfristig- (in Teilen auch kurzfristig) erzielen.
[1] In der bisherigen Behandlung von Patienten wurden nur sehr selten mehr als 30 Sitzungen für die Bearbeitung vorliegender Problemstellungen benötigt.Literaturverzeichnis:
Beck, A.T., Davis, D.D., & Freeman, A. (2016). Cognitive therapy of personality disorders. New York: Guilford Press.
Fiedler, P. (2007). Persönlichkeitsstörungen (5. Aufl.). Weinheim: Beltz
Sachse, R. (2019). Persönlichkeitsstörungen: Leitfaden für eine psychologische Psychotherapie (3. Aufl.). Göttingen: Hogrefe